Mit ein paar Mausklicks kann heute innert weniger Tage eine Care-Arbeiterin aus Osteuropa in den Haushalt bestellt werden, um Rund-um-die-Uhr-Betreuung für pflegebedürftige Menschen zu leisten. Profitorientierte und transnational agierende Care-Unternehmen spezialisieren sich auf die Vermittlung von Care-Arbeiterinnen aus Ländern wie Polen, Ungarn oder der Slowakei und werben damit, “bezahlbare Pflege” anzubieten, bei der gleichzeitig eine “unbezahlbare Herzlichkeit” garantiert sei. In der Schweiz boomt der private Markt für ambulante Pflege-, Betreuungs- und Haushaltsdienste. In Privathaushalten von pflegebedürftigen Menschen etabliert sich damit ein prekärer Arbeitsmarkt, der stark vergeschlechtlicht und rassialisiert ist. Die von den Agenturen angepriesenen Vorzüge eines privaten Care-Arrangements mit Migrant*innen deuten hin auf Überlastungssituationen von pflegenden Angehörigen, auf unterfinanzierte und rationalisierte öffentliche Pflegeinstitutionen und auf die Tatsache, dass Pflege und Betreuung sehr stark eine Privatangelegenheit ist.
In diesem Workshop wollen wir die Rahmenbedingungen der meist im Unsichtbaren geleisteten Care-Arbeit genauer beleuchten. Zudem möchten wir über die Perspektiven von selbstorganisiertem Widerstand am Beispiel des Care-Arbeiterinnen-Netzwerks ‘Respekt’ diskutieren.
Mit Bożena Domańska, Betreuerin, Mitgründerin des Netzwerks Respekt
Bożena Domańska gründete 2013 zusammen mit polnischen Kolleginnen das Netzwerk Respekt. Damit erhielten Care-Arbeiterinnen, die in Privathaushalten arbeiten, innerhalb des VPOD eine eigene Plattform. Die 24-Std.-Betreuerin Bozena Domanska betreut und berät die Mitglieder von Respekt mit Herzblut und Fachwissen, kennt sie doch die Fallstricke und missbräuchlichen Arbeitsbedingungen in der ambulanten Betreuung selber zu Genüge.
Sarah Schilliger, Soziologin und Mitinitiantin des Netzwerks Respekt
Sarah Schilliger ist Soziologin an der Universität Bern (Interdisziplinäres Zentrum für Geschlechterforschung) und forscht aus intersektionaler Perspektive zu Care, Migration und sozialen Ungleichheiten. Sie ist seit ihrer Dissertation mit Care-Arbeiter*innen in Kollaboration und war 2013 mitbeteiligt bei der Gründung des Netzwerks Respekt.
“Affordable care” with “priceless warmth”. The private market for outpatient nursing, care and household services is booming and profit-oriented and transnational care companies specialise in the placement of care workers from countries like Poland, Hungary or Slovakia. In the process, a precarious, gendered and racialised private labour market is establishing itself, which points to the problems and shortcomings in the care sector.
In this workshop, we want to take a closer look at the general conditions of care work, which mostly remains invisible. In addition, we would like to discuss the perspectives of self-organised resistance using the example of the care workers’ network ‘Respect’.
who
Bożena Domańska founded the Respect network in 2013 together with Polish colleagues. This gave care workers working in private households their own platform within the VPOD. Bozena Domanska, a 24-hour care worker, supports and advises the members of Respekt with passion and expertise, as she herself knows enough about the pitfalls and abusive working conditions in outpatient care.
Sarah Schilliger is a sociologist at the University of Bern (Interdisciplinary Centre for Gender Studies) and conducts research on care, migration and social inequalities from an intersectional perspective. She has been collaborating with care workers since her dissertation and was involved in the founding of the Respect network in 2013.